Notationen und Sinnbilder
Eine aktuelle, vollständige und für alle Betrachter verständliche Dokumentation der Organisation und Prozesse beugt der Entstehung ungeplanter und willkürlicher Unternehmensabläufe vor. Die Komplexität der Prozesse ist nicht primär von der Größe des Unternehmens oder der Behörde abhängig, sondern u.a. von der Anzahl der Geschäftsbereiche, der Standorte des Unternehmens oder der Behörde, der Geschäftsprozesse und der Abwicklungsmethoden mit Lieferanten, Kunden und Bürgern. Die Wahl einer geeigneten Notation für die grafische Abbildung der Sachverhalte trägt wesentlich zum Verständnis der Unternehmens- oder Behördenorganisation bei. Generell beschreibt diese einen sachlogischen Ablauf von Aufgaben, die durch bestimmte Ereignisse ausgelöst und im Laufe der Zeit durchgeführt werden. Sie erlaubt die Übertragung der reellen Sachverhalte in ein abstraktes Modell. Einige bekannte Darstellungsmethoden und deren Notationen werden hier kurz skizziert. Die annerkannten Standards und Normen schreiben keine bestimmte Notation für die grafische Abbildung der Sachverhalte vor. Im Rahmen eines Projektes kann eine der folgenden Darstellungsmethoden einheitlich festgelegt und verwendet werden. Von einer Mischform, in denen Elemente aus unterschiedlichen Notationen verwendet werden, sollte abgesehen werden.
Hierbei handelt es sich nicht um eine vollständige Auflistung von geeigneten Standards, ihren Notationen und Semantiken. Die sehr kurz skizzierten Modellierungsmethoden zeigen viele Unterschiede in den Notationen aber auch viele Gemeinsamkeiten. Die grafische Darstellung der organisatorischen Sachverhalte steht bei allen genannten Methoden im Vordergrund. Welche Methode die Beste ist, sollte jedes Unternehmen im Rahmen einer Projektarbeit unter Berücksichtigung der Unternehmensanforderungen an eine Dokumentation sorgfältig prüfen und auswählen.
DIN 66001
Diese Norm stellt eine Reihe von grafischen Symbolen zur Verfügung, mit deren Hilfe die Aufbau- und Ablauforganisation sehr einfach abgebildet werden kann. Die Sinnbilder und die damit dargestellten Sachverhalte sind gut verständlich, auch für einen Mitarbeiter ohne besondere Kenntnisse der Prozessmodellierung. Sie wurden bereits im Jahre 1983 durch DIN publiziert und sind seither in Unternehmen unterschiedlicher Größen weit verbreitet.
EPK - Ereignisgesteuerte Prozesskette
Diese Modellierungsmethode und Notation wurde erstmals im Jahr 1992 am Institut für Wirtschaftsinformatik (Universität Saarland) veröffentlicht und später durch Prof. Dr. Scheer in die Wirtschaft übertragen. Bekannt als ARIS-Konzept kann die grafische Modellierungsmethode nicht nur die Prozesse des Unternehmens abbilden, sondern auch sogenannte Sichten. Sie erlauben die Betrachtung von unterschiedlichen Aspekten der Organisation und sind strukturiert in:
- Organisationssicht
- Datensicht
- Funktionssicht
- Steuerungssicht (Prozesssicht)
- Leistungssicht
Die Steuerungssicht verbindet die genannten Sichten. Die zentralen Komponenten dieser Sicht sind Prozesse, die mithilfe ereignisgesteuerter Prozessketten modelliert werden. Aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsweisen eignet sich die Modellierungsmethode insbesondere bei der Planung und Implementierung von komplexen ERP-Systemen.
BPMN - Business Process Model and Notation
BPMN ist im Jahr 2002 durch die Object Management Group entwickelt worden. Hauptziel dieser Modellierungsmethode ist eine einfache, für alle Beteiligten (Berater, Prozessverantwortliche, Entwickler, Auditoren und Mitarbeiter) verständliche Notation der Geschäftsprozesse. Diese Methode verbindet die Geschäftsprozessmodellierung mit ihrer technologischen und organisatorischen Umsetzung. Durch die Unterstützung der XML-Sprache kann ein grafisch modellierter Geschäftsprozess maschinell lesbar und automatisch ausführbar gemacht werden. BPMN unterstützt XML-basierte Sprachen, u.a. WSBPEL (Web Services Business Process Execution Language) und XPDL (XML Process Definition Language). Die genannten Sprachen erlauben die Interportabilität der prozessbezogenen Informationen zwischen unterschiedlichen Systemen und Modellierungswerkzeugen. Eine detaillierte Modellierung und Dokumentation der Aufbauorganisation ist zurzeit nur bedingt möglich.
UML - Unified Modeling Language
Die grafische Modellierungsmethode und Notation wurde von der Object Management Group (OMG) entwickelt. Ursprünglich für die objektorientierte Softwareentwicklung konzipiert, eignet sie sich auch für die Modellierung und Dokumentation der Organisation und Prozesse des Unternehmens. Sie ist auch als ISO/IEC 19501 Norm standardisiert. Die Behauptung, dass diese Methode für alle Beteiligten (Berater, Prozessverantwortliche, Entwickler, Auditoren und Mitarbeiter) gleichermaßen verständlich ist, ist falsch. UML bietet weiterhin die Möglichkeit, die Verantwortlichkeiten der organisatorischen Einheiten für die einzelnen Aufgaben mit Hilfe von Swimlanes (Schwimmbahnen) abzubilden.